Friedrich Pecht: Rezension zu "Backschisch" (1892)

aus: "Die Kunst für Alle", VII. Jahrgang 1892, Heft 14, S.221

(von Friedrich Pecht, 1814-1903, Kunstschriftsteller, Leiter der genannten Zeitschrift)

C. W. Allers. Backschisch, Erinnerungen an die Reise der „Augusta Victoria‟ in den Orient.  (Berlin, Max Levit's Kunsthandlung, Preis 100 M.) Ein neues Werk von Allers entfaltete bisher immer auch neue Seiten dieses reichen Talentes. Das thut auch dieses in vollem Maße, obwohl es eigentlich als bloße Improvisation nur zur Erinnerung für die Teilnehmer an jener Fahrt bestimmt war, welche, Cuxhaven am 22. Januar 1891 verlassend, im Kanal und und Biskayschen Meerbusen arg geschüttelt, direkt bis nach Gibraltar und von da, Genua nur noch flüchtig berührend, nach Alexandria ging, wo sie am 4. Februar ankamen, um alsbald nach Kairo aufzubrechen. Dort werden natürlich die Pyramiden u.a. besucht, eine Nilfahrt bis Bedraschen gemacht, und dann schleunigst wieder nach Alexandria und von dort am 10. Februar nach Jaffa gefahren. Hier übernimmt Herr Demetrius Damian die weitere Spedition der Reisenden nach Jerusalem, Bethlehem und ans tote Meer, was uns mit mehr Humor als Gelehrsamkeit geschildert wird. Schon am 15. Februar schifft man sich wieder ein, um von Beirut sich über den Libanon nach Damaskus aufzumachen. Dort verwandelt sich unser Allers bereits in einen „Allers Pascha‟, wäre aber wäre aber beim Rückweg bald in einem Schneesturm auf dem Libanon stecken geblieben, erreicht aber doch glücklich noch Beirut und das Schiff, das die Gesellschaft jetzt noch nach Konstantinopel, Athen, Malta und Neapel bringt um sie dann an Lissabon vorbei heimzuführen, wo sie am 21. März halberfroren in Cuxhaven wieder aussteigen. Sieht man aber, was Allers in dieser Zeit gezeichnet und 90 große Folioblätter auf beiden Seiten dicht damit und einem sehr lustigen Text gefüllt hat, so staunt man nur über die Schaffenskraft einer Natur, die in kurzen zwei Wintermonaten unter Stürmen und Regenschauern auf dem Verdeckt geschüttelt oder im Sand der Wüste auf störrischen Eseln reitend, fast mit derselben Leichtigkeit produziert, wie daheim in der Ruhe des Ateliers. Ja, wir finden ihn alsbald mit den Kamelen in Syrien ebenso vertraut, als mit den stiefelputzenden Judenjungen in Jerusalem, oder gar mit den schönen Damaszenerinnen. Er gibt die letzteren dann ebenso gut wieder als eine lange Reihe köstlicher Charakterfiguren unter seinen Mitreisenden aus Borna, Berlin und Hamburg. Man kann sogar eine Reihe dieser Zeichnungen zu seinen besten rechnen und wundert sich nur immer, wie er bei seinen vielen Volksszenen fast immer die Gesetze der Komposition instinktiv befolgt und überall das Charakteristische jeder Erscheinung mit sicherem Blick herausfindet. Selbst seine vielen landschaftlichen Skizzen, so die auf dem Libanon im Schnee entworfenen, sind Meisterstücke in der Kunst, mit den geringsten Mitteln viel zu sagen. Und so hoffen wir denn auch, daß gerade die Allers-Sammler sich dies hochinteressante, aber nicht in den Kunsthandel gekommene Album nicht entgehen lassen werden, das in seinem kerngesunden Naturalismus weltweit entfernt von allen biblischen und antikisierenden Traditionen wie von aller schwärmerischen Romantik, gerade in seiner durch und durch modernen Behandlung eines uralten Stoffes das größte Interesse darbietet.

Kapitän Barends
Kapitän Barends von der „Augusta Victoria‟
Von C. W. Allers

 

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